3. Interview mit M. einer jungen Frau welche am STK 3 teilgenommen hat.

In diesem Interview wird eine Junge Frau interviewt, welche aufgrund ihrer Schuldensituation gehen und ich möchte zuerst einmal wissen :

Wie alt bist Du M.?

M: Ich bin 19.

I: Mich interessiert, aus welchem sozialen Umfeld die Teilnehmer kommen, die an diesem Trainingskurs teilnehmen. Was machst Du zum Beispiel M.?

M: Ich mache eine ABM Maßnahme. Arbeite vormittags im Büro und nachmittags mache meine Schule und somit meinen Realschulabschluß......mach ich nach.

I: Wann hast Du Deine Ausbildung begonnen und wann endet sie ?

M: Am 11.12.2000, also seit 7 Monaten und im Oktober oder November 2001 werde ich fertig sein.

I: Was wirst Du sein, wenn Du fertig bist ?

M: Ich überlege noch zwischen zwei Berufsfeldern...einmal irgendwas mit dem Rundfunk oder kosmetischen Bereich.

I: Du hast vor dem Interview schon gesagt, daß Du wahrscheinlich ein Praktikum machst im Rundfunk. Wie bist Du daran gekommen, wird das vermittelt oder hast Du Dir das selbst gesucht ?

M: Das hab ich mir selber gesucht. Ich bin dahin gegangen hab‘ gefragt, wie’s aussieht mit Praktikum und so haben die gesagt ich soll Bewerbung schreiben. Hab‘ ich getan. Sollte ich auch Reinschreiben in welchem Bereich, hab‘ ich geschrieben Promotion, da muß ich halt ‘nen bißchen Werbung machen für den Sender auf Strassenfesten und so aber Hauptsache ich bin erstmal dabei, das ist mein Ziel.

I: Wie lang wird das Praktikum gehen? M: Ich glaub es sind 4 oder 6 Wochen. 4 – 6 Wochen.

I: Wie alt warst Du, als Du dich überschuldet hast ?

M: 16.

 I: Hast Du als Du 16 warst und in diese Schulden hineingeraten bist schon genauso gelebt wie jetzt oder hast Du da in einem ganz anderen Umfeld ? Und wenn ja in welchem ?

M: Ich hab‘ bei meinen Eltern noch zu Hause gewohnt. Meine Mutter hat neu geheiratet. Und ich bin auf ‘ner Realschule gewesen. Ja und jetzt hab‘ ich halt meine eigene Wohnung also ist es jetzt glaub ich schon ‘n anderes Umfeld.
 

I: Wann bist Du von zu Hause ausgezogen? Wie alt warst Du da?

M: ..kurz nachdem das war mit dem......

I: ..also mit 16 Jahren ?

M:...ja.

 I: Vielleicht könntest Du einmal erzählen, was Deine Mutter , Dein Vater und Dein Stiefvater von Beruf sind, das wäre glaub‘ ich interessant. M: Meine Mutter ist kaufmännische Angestellte in einer sehr großen Firma und mein Vater ist arbeitslos und mein Stiefvater der arbeitet bei der BVG als Gleisen....

I: ...Gleisbahnwerker oder so etwas ..

M: ..ja Gleisbahnwerker... .

I: Wie kam es zu den Schulden ... also wie war der Weg dahin ?

M: Naivität hauptsächlich...( längere Pause )

I: Naivität hauptsächlich...also, möchtest Du das erzählen oder möchtest Du nicht ?

M: Naja die, die Schulden sind ja zusammen, zustande gekommen durch EC- Karten Betrug. Und diesen EC- Karten Betrug hab‘ ich gemacht, weil ich mich hab‘ bequatschen lassen und halt sehr naiv war und durch jemand anderen halt.
 

I: War da auch eine Beziehung im Spiel..?

M: ..nein.. nein.. nein ..!

I: Konntest Du von dem Geld etwas für Dich nutzen ?

M: Nein gar nicht‘s...

I: Wie hoch beliefen sich die Schulden dann am Ende ?
 

M: Also meine Schätzung war 300.000 Mark . Die Schulden die ich jetzt habe sind 3.300 ..und alles was ich gekauft habe mit EC- Karte mußte ich diesem Jungen also diesem Mann geben und der hat alles für den halben Preis verkauft und somit hatte ich daraus keine...konnte ich daraus nicht profitieren .

 M: Eigentlich hatte ich schon vorher vor mich zu lösen aber da wurde ich dann schon erwischt. Also ich habe das 1 ½ Wochen lang gemacht.

I: Du bist dann erwischt worden und auf diesem Wege... wie ging das dann weiter ?

M: Na ich bin mit auf’s Revier und dann... haben die Fingerabdrücke genommen, Fotos gemacht und so naja und dann mußt ich halt meine Aussage machen bei der Kripo. Hab Fotos gezeigt von den ganzen Leuten...die ich da geseh’n hab‘, die ich kenngelernt habe und... hab‘ Strafarbeit bekommen 150 Stunden und halt hier ‘n Bewährungshelfer.

I: Kennst Du noch mehr Leute in Deinem Alter zum Beispiel Freunde von Dir, die über-schuldet sind ?

M: Schulden ist relativ. Also Rechnungen oder so teilweise nich‘ bezahlt aber nich‘ jez so‘n Laster halt wie ich, sondern halt hier mal ‘ne Rechnung von 30 Mark und da mal ‘ne Rechnung von 20 Mark. Also nicht das es jetzt entscheidende Summen sind. Die sind noch normal ..also.. die jeder hat. Jeden Anfang des Monats.

I: Würdest Du sagen, daß Schulden grundsätzlich belastend sind, egal in welcher Höhe oder eben. Oder so, wie Du Deine Freunde einschätzt, würdest Du sagen die belastet die Schulden, von denen Du vorhin gesprochen hast ?

M: Natürlich belastet’s , wenn man weiß man hat’s diesen Monat nich‘ gezahlt und macht‘s erst nächsten Monat, weil die dann wieder um das Doppelte fast höher werden aber ansonsten find ich die.. auf jeden Fall nich‘ so viel belastend wie wenn’s entscheidende Summen sind und man da schon Jahre dran abzahlen muß, dann find ich das schon relevanter wie halt so’ne Rechnung Telekom oder so ........ also in Grenzen halt gehalten.

I: Also ist es an sich, wenn die Schulden nicht so hoch sind, nicht so belastend mit Schulden zu leben.

M: Wenn‘s unter 100 Mark is‘, dann is‘ schon normal also, dann kann man damit noch leben ...daß in einem Monat abgezahlt ist.

I: Denkst Du Dir, daß es früher auch schon nichts Unübliches war mit Schulden zu leben?

 M: Weiß ich ehrlich gesagt nich‘ also ich denk mal damals gab‘s ja halt diese, diese Pyramide -oder was weiß ich- dieses, dieses ganz oben und unten dann halt. Also wurde ja so abgestempelt und der, der Geld hatte der war was und der, der kein Geld hatte der war nichts und von daher war das schon ‘ne große Sache wenn, wenn jemand Schulden hatte weil dem‘s da bestimmt richtig dreckig ging.

I: Wie ist Dein Weg aus den Schulden heraus ? Also Du bist , nehme ich an, durch den sozialen Trainingskurs, jetzt auf dem Weg aus den Schulden heraus. Wie sah das aus für Dich ? Was hast Du für Tips bekommen und was war der erste Schritt, um heraus zu kommen ?

M: Denn Kopf nich‘ in Sand stecken. Das ist glaub‘ ich der größte Spruch, den man überall hört. So, man soll sich mit den Geld.... mit den Gläubigern in Verbindung setzen und, und schreiben, anschreiben und man ist bereit, daß sie sehen man macht sich Gedanken und sagt nicht: ‚ ach ich will damit nichts zu tun haben‘ oder so.

I: Also würdest Du sagen auf alle Fälle aktiv werden und dem Gläubiger verständlich machen ich rühre mich...

M: ..ja ...mhm.
 

I: Würdest Du sagen, die Gruppe war sinnvoller für Dich als Einzelgespräche bei Deinem Bewährungshelfer? Was hat Dir mehr gebracht?

M: Ich glaub ich hätt‘s lieber am liebsten einzeln gehabt. Ich meine ich fand‘s zwar schön so mit Gruppen unternander, doch mitnander ausgekommen ist auch nicht..... aber war schon ‚ne Erfahrung wert. Also sag ich mal also ich bereu‘s jetzt nich‘ oder so weiß ich nich‘ also Aber jetzt weiß ich also mir hätt‘s mehr gebracht hätt‘ ich ‘ne Einzel.. Einzel ...Einzelsitzung gehabt.

I: Wenn Du jetzt die ganzen Geschichten hörst, wie auch die anderen Jugendlichen die mit in der Gruppe waren zu ihren Schulden gekommen sind und vor allen Dingen auch, wie sie raus gekommen sind; konntest Du etwas dabei lernen ?Vielleicht nach dem Motto, daß hätte mir auch noch passieren können oder da achte ich jetzt drauf ..?

M: Grad‘ zu sehen wie andere.... das es noch höhere Schulden gibt und das die sich so krass‘ summieren können, daß echt zwei Seiten lang voll waren nur mit Schulden und ...na klar da kriegt man schon ‘nen Schreck und wenn man dann Gesamtsumme hört, wie 22.000 Mark oder so is‘ schon ..da schreckt man schon zurück.
 

I: Ist auf alle Fälle eine Abschreckung. Wäre die nicht so groß gewesen ohne Gruppe ?

M: Mhm....
 

I: Was stellst Du Dir für die Zukunft vor? Hast Du neue Maßstäbe bekommen im Umgang mit Geld ?

M: Ja.. ich schreib mir jetzt alles viel mehr auf ich ..guck das Geld mehr an jetzt. Also berechne das mehr und, und teile mir das besser ein und ... na ja ich guck halt mehr drauf und na o.k. darauf verzichteste lieber doch und ...also ich verzichte auf mehr denke ich. Auf jeden Fall verzichte ich auf mehr.

I: Also es ist ein bewußterer Umgang mit Geld. Könntest Du einen normalen Wochenablauf von Dir beschreiben ?

M: Also, wenn ich Montag aufstehe dann....ja meistens habe ich dann eine Zigarette geraucht. Und dann bin ich halt zu meinem Praktikumsplatz im Büro. Da hab ich montags den ganzen Tag von 9.00 bis 16.00 Uhr. Und meistens holt mich von dort aus meine Freundin ab. Und wenn schönes Wetter is‘ geh’n wir halt Inlineskates fahren oder irgendwie quatschen Hauptsache ....wenn schönes Wetter ist draußen dann halt draußen und wenn nicht, dann sitzen wir auch öfters zu Hause und spielen Karten. Na ja sonst die Woche hab ich dann halt immer bis 17.00 Uhr Schule. Und treff‘ mich eigentlich immer hauptsächlich mit meiner besten Freundin. Und Wochenende - kommt drauf an... mit ‘ner Klassenkameradin geh ich mal weg oder ich gehe zu ihr oder sie kommt zu mir. Dann ...na ja weiß‘ ich nicht- ich lern auch viel mit paar aus meiner Klasse. Also wir treffen uns dann zwei mal die Woche Dienstags und Donnerstags, um richtig viel zu lernen, weil wir jetzt auch halt die Endprüfung haben ..und.. nich‘ alles wegschieben dürfen. Ein bis zwei mal im Monat gehe ich in die Disco wenn‘s hoch kommt. Aber ansonsten bin ich eigentlich immer nur in der Wohnung oder halt draußen.

I: Wie bist Du mit diesem jungen Mann damals in Kontakt gekommen und warum hast Du Dich mit ihm eingelassen?

M: Also da ich da zu diesem Zeitpunkt noch zu Hause gewohnt hatte und ich dazu sagen muß, ich hab‘ kein Taschengeld von meinen Eltern bekommen, ich bin jedes Wochenende Treppen wischen gegangen bei meiner Oma. Hab‘ dafür 30 Mark bekommen- dafür sollte ich mir was zu trinken kaufen, davon sollte ich sparen, davon sollte ich mir Zigaretten kaufen, Geld fürs Kino... und das hat halt vorne und hinten nicht gereicht und na ja dann hat mich halt ein ehemaliger Kumpel, den ich kannte, hat mich angesprochen von wegen na ja willste nich‘ einkaufen und uns was Schönes mitbringen ...und uns ‘ne Kleinigkeit mitbringen ...na ja und das Blatt hat sich halt so krass umgedreht daß es alles so schnell ging und ich dann ‘ne Unterschrift gemacht hab und die gesessen hat. Und von dann ging es dann ratz- fatz. Da hat ich auch irgendwo gar nicht mehr irgendwie was zu sagen eigentlich.. Also dis, dis wird gekauft und dis und dis und schnell und schnell und schnell wieder ins Auto und schnell weiter.. also viel mit reden war da so wieso nich‘.

I: Also für Dich viel praktisch ein höheres Taschengeld ab, so daß Du mehr als 30 Mark in der Woche hattest....?!

M:... er hat mir ja auch gesagt, daß er immer den nächsten Tag, hat er gesagt, ja wir geh’n morgen beim Kumpel bei mir im Laden Dir für 8000 Mark Klamotten kaufen da unterschreibt er auch noch selber und ich hab mir dann gedacht na ja o.k. nach dem Tag sagste dann: ‚ und tschüß ‘und meldst Dich nicht mehr ..und dann das war‘s aber so, der ist wahrscheinlich bißchen schlauer gewesen. Hat gesagt: ‘ oh heute geht nich‘, heute geht nich‘ morgen, morgen, morgen und dann ...so hat sich halt die eineinhalb Wochen hingezogen.

I: Und wieviel hattest Du dann nach dieser Woche ? Gar nichts ?

 M. Ich hatte vielleicht vier oder fünf Paar Schuhe und vier oder fünf CD’s und dann halt Shampoo und Zigaretten. Paar - also paar Schachteln oder so, aber hat die Kripo alles mitgenommen. Ich hab alles gesagt wo was is‘ und dann is‘ alles mitgenommen worden.

I: Vielen Dank, für Deine Offenheit !

Das Interview führte Doreen Dobschall
Über die Autorin
 

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