Sozialer Trainingskurs STK 7
„Schuldenfrei 2005“ – Schulden vermeiden
– Schulden bewältigen
In der Zeit vom 02.03.05 bis zum
29.06.2005
-Projektbericht-
Ein sozialpädagogischer
Trainingskurs für Probandinnen und Probanden der Bewährungshilfe in Berlin –
Reinickendorf in Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe für Schule, Jugend und
Sport, Bewährungshelfer Hans-Joachim Wendt,
Bewährungshelfer Volker Hiersemann, des
Deutschen Familienverbandes, Landesverband Berlin, Schuldner- und
Insolvenzberatungsstelle Berlin- Reinickendorf, Wilfried Rosellen, gefördert
durch den
„ Club Fair Play“ bei dem
Bezirksamt Reinickendorf
Zur Vorgeschichte:
In den letzten Jahren hat die
existenzielle Bedeutung der Schuldnerberatung für Probanden der Bewährungshilfe
weiter zugenommen und diese Aufgabe für den Bewährungshelfer noch an Gewicht
gewonnen.
Junge straffällig gewordene
Menschen sind von der Schuldenproblematik besonders betroffen. Neben üblicher
Konsumentenverschuldung kommt es zu einer straftatbedingten weiteren Verschuldung. Forderungen der
Justizkasse, Anwaltskosten, Schmerzensgelder und Schadenersatzforderungen
begegnen dem Bewährungshelfer regelmäßig in seiner Arbeit.
Zunehmend aggressive
Werbemethoden und die zunehmenden Möglichkeiten
durch Computer und Internet,
der verschärfte Wettbewerb am und um einen Arbeitsplatz trifft diese jungen
Menschen besonders, da ihre soziale Stellung
als ohnehin schwach und nicht
besonders privilegiert anzusehen ist. Vermeintlicher Besitz, der eine besondere
Bedeutung für ihre Stellung in der Gruppe Gleichbetroffener hat und sie
scheinbar verbessert.
Im Jahr 1998 wurde von
Hans-Joachim Wendt der erste sozialpädagogische Trainingskurs mit dem Thema „
Schulden vermeiden und bewältigen“ durchgeführt, inzwischen fast traditionell
jährlich wieder.
Erfahrungen und erzielte
Ergebnisse wurden in einemausführlichen Bericht
zusammengefasst und unter anderem im Internet veröffentlicht.
Das Konzept, das Setting und die gemachten Erfahrungen stellten die
Grundlage für folgende Gruppen dar.
Der diesjährige Trainingskurs
„ Schuldenfrei 2005- Schulden vermeiden- Schulden bewältigen“ ist der siebente seiner Art. Das beweist die
Notwendigkeit eines Trainingskurses dieser Art. Die Größe der teilnehmenden Gruppe
und die rege Beteiligung, sowie die Tatsache, dass die geplanten
Gruppensitzungen um zwei weitere Sitzungen verlängert werden mussten, zeigt die
Bedeutung und Brisanz der Thematik.
Im Jahr 2000 bot sich das
erste Mal die Möglichkeit mit der Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle des
deutschen Familienverbandes, Landesverband Berlin zusammenzuarbeiten.
Diese inzwischen bewährte
Kooperation seit 5 Jahren mit dem Schuldnerberater Herrn Wilfried Rosellen
wurde wieder genutzt.
Die Planung und
Durchführung
Die Planung für diesen
Trainingskurs basierte auf den vorangegangenen Erfahrungen und plante Termine
einmal wöchentlich, jeweils mittwochs in der Zeit von ca. 18:00 bis ca. 20:00
Uhr.
Geplant waren 14 Sitzungen
zusammenhängend beginnend am 02.03.05, endend
am
15.06.05, das Nachbereitungstreffen sollte am
09.11.05 stattfinden.
Der
geplante Personenkreis der Gruppe sind jugendliche und heranwachsende Probanden
der Bewährungshilfe und da das Ziel auch ein emotionaler Gedankenaustausch ist
mit vielfältigen Erfahrungen zum Thema „Schulden“, sind Gäste gerne gesehen.
Bekannte
oder Freunde mit ähnlicher Problematik würden die Gruppenteilnehmer stärken und
so dazu beitragen, dass sie leichter über ihre persönliche Situation sprechen
könnten. Durch die Einbeziehung der Begleitpersonen erfahren die Gruppentrainer
einiges über das soziale Umfeld der Probanden und die Gruppe profitiert vom
Erfahrungsaustausch.
Die
Handlungskompetenzen der Teilnehmer stehen im Mittelpunkt, ebenso wie der
Wunsch, den Teilnehmer zu befähigen (auch durch Stärkung der sozialen
Kompetenzen)seiner Schuldensituation aktiv entgegen zu treten.
Fachkundiger
Gast, der für einen Gruppenabend kostenlos zur Verfügung stand war Frau Hill,
Teamleiterin im JOB- Center Reinickendorf.
Herr
Rosellen bestritt zwei Gruppenabende.
Weitere
Gäste wurden überlegt, konnten aber nicht geladen werden, da es an Zeit mangelte. Der Schwerpunkt lag für uns
eher auf der Vorstellung der
Problematik
der Finanzlage der Gruppenteilnehmer und einer konkreten Hilfestellung. Bei der
Größe der Gruppe musste hierfür der geplante Zeitrahmen mit zwei
Gruppensitzungen überschritten werden.
Obwohl
die ersten Sitzungen für die Bildung einer Gruppe geplant und auch mit
Partnerinterviews und gegenseitiger Vorstellung in der Gruppe durchgeführt
wurde, gab es bis zum Ende der Gruppe zwar einen stabilen Kern, jedoch die
Gruppe, die in vorangegangenen Trainingskursen entstanden war, bildete sich
nicht.
Die
hohe Kontinuität der Teilnahme muss jedoch hervorgehoben werden.
Es
hatten sich 12 Teilnehmer gemeldet und zwei Bezugspersonen, die Gesamtteilnahme
war über den gesamten Kurs mit durchschnittlich ….
und eine Bezugsperson nahm über den gesamten Kurs teil, durchschnittlich
waren 2 Bezugspersonen anwesend.
Da
es sich bei der Personengruppe um Menschen handelt, denen es oft an
Vereinbarungsfähigkeit fehlt, ist das ein bemerkenswertes Ergebnis.
Insgesamt
nahmen an den Gruppensitzungen wie folgt teil:
1.Sitzung:
12 + 2 Teilnehmer
2.Sitzung:
8 + 2 Teilnehmer
3.Sitzung: 11+ 2 Teilnehmer
4.Sitzung:
5 + 2 Teilnehmer
5.Sitzung:
12 + 3 Teilnehmer
6.Sitzung:
7 + 1 Teilnehmer
7.Sitzung:
8 + 2 Teilnehmer
8.Sitzung:
10 + 2 Teilnehmer
9.Sitzung:
11 + 2 Teilnehmer
10.Sitzung:9 + 3 Teilnehmer
11.Sitzung:
8 + 3 Teilnehmer
12.Siztzung:10+3
Teilnehmer
13.Sitzung:11
+ 1 Teilnehmer
14.Sitzung 7 + 2
Teilnehmer
15.Sitzung:
8 + 1 Teilnehmer
16.Sitzung:
7 + 3 Teilnehmer
Methode
Es
wurde wieder die themenzentrierte Gruppenarbeit durchgeführt. Es sind zeitlich
begrenzte Treffen und ein Nachbereitungstreffen gewählt worden.
Gruppenarbeit
stellt eine ergänzende oder zusätzliche Betreuungsform dar, hier können
Menschen mit vergleichbaren Problemlagen zusammengefasst werden und eine
effiziente Hilfe ist so möglich.
Gruppen
sind den Betroffenen gut bekannt, sie kennen sie aus Primärzusammenhängen. Ihre
Freizeit ist in Gruppen organisiert.
Die
Wirkung gruppendynamischer Prozesse kann genutzt werden und eine Gruppe bietet
Sicherheit und Schutz. Das Gefühl mit seinen Problemen nicht alleine zu sein,
wurde sehr stark beschrieben. Der Lernprozess erreicht eine größere Wirksamkeit
als im Einzelgespräch möglich.
Natürlich
gibt es auch negative Mechanismen in Gruppen, diese zu unterdrücken und die
Steuerung einer Gruppe verlangt den Trainern viel ab. Die Motivation durch die
Trainer der Teilnehmer aktiv an der Gestaltung der Gruppenprozesse mitzuwirken
ist entscheidend für das Gelingen der Gruppenarbeit.
Gemeinsam
werden die Ursachen der Verschuldung und Handlungsstrategien erarbeitet. Verhaltensveränderungen werden angeregt, die Bewältigung
schwieriger Situationen im alltäglichen Leben in der Gruppe geprobt. Die
sozialen Themen die mit der Verschuldung verknüpft sind, als Folge oder Ursache
werden komplex betrachtet.
Die
Handlungskompetenzen der einzelnen Teilnehmer werden so verbessert.
Das
Ziel des Trainingskurses, die Befähigung des Einzelnen zu erhöhen selbstständig
sein Schuldenproblem zu bewältigen und aktiver auch weiteren Problemen entgegn
zu treten, wird durch die Interaktion in der Gruppe erreicht.
Das
setzt viel Erfahrung mit den Probanden, die eine besondere
Persönlichkeitsproblematik haben und eine fundierte Fachausbildung voraus.
Herr
Wendt brachte dies in die Gruppe ein und die Gruppe profitierte von der guten
Zusammenarbeit zwischen den Gruppenleitern.
Der
Gruppenverlauf
Die
erste Gruppensitzung wurde mit 14 Personen eröffnet. In einer so großen Runde
frei zu sprechen ist schwierig und auch das kennen lernen der Personen
untereinander ist nicht so einfach. Zumindest Herr Wendt war einem
großen Teil
der
Teilnehmer bekannt. Außerdem konnte er
die „Sparschweine“ vorstellen. Idee ist, den Teilnehmern zu vermitteln, auch in
ihren Situationen sparen zu können, je nach angespartem
Betrag will der Senat diesen aufstocken. Auf die Sparschweine reagierten einige
eher vorsichtig-misstrauisch.
Die Zweifel beziehen sich auf
überhaupt die Möglichkeit des Sparens, ebenso wird die Freiheit des Umganges
mit dem gesparten Betrag bezweifelt.
In
den Interviewrunden, über die das kennen lernen organisiert war standen die
Fragen:
als
größtes Problem: 1. Arbeit 4. persönliche
Probleme
2. Wohnung
3.
Schulden 5.
Termine verpassen
Die
Hauptfragen der Gruppe waren:
-
Fragen zur Kontenpfändung
-
Privatinsolvenz (mit Masse und ohne Masse)
-
Vollstreckung ohne Mahnung
-
Nachsendeantrag an private Zustellfirmen
-
Verhandlungsstrategien gegenüber Gläubigern
Erwartungen
der Gruppe : friedlicher Umgang miteinander und Ehrlichkeit
Ursache
der Schulden: häufig falsche Freunde, Umgang mit Menschen, die einem nicht gut
tun
Die
Gruppe war so groß, dass die Kennenlernrunde beim
zweiten Treffen fortgesetzt werden musste. Trotzdem herrschte einen verblüffend offene Atmosphäre.
Ein
Kerngedanke wurde schon früh genannt, die Erkenntnis, dass der Einzelne mit
seinen Schulden nicht alleine ist.
Aus
der Gruppe kristallisiert sich ein stabiler Kern. Die 4. Gruppensitzung lässt
einige Personen vermissen, die Gruppe ist diesmal deutlich kleiner. Im
Gruppenverlauf ist die Teilnahme immer wieder um diesen stabilen Kern
schwankend.
Dies tut dem offenen Umgang
miteinander und der angenehmen Atmosphäre in der Gruppe nicht den geringsten
Abbruch. Auffällig ist das große Engagement
mit der die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer sich austauschen und gegenseitig unterstützen.
Immer wieder müssen durch
gezielte Fragen der Trainer alle Teilnehmer auf die Kernfragen der
Gruppenarbeit gelenkt werden, um sie bei der Selbstexploration
auf diese Weise zu unterstützen.
Während in Gruppenverläufen
anderer Gruppen einzelne Phasen der Gruppenbildung zu unterscheiden sind, ist
das in der Gruppe nicht möglich.
Von Anfang bis Ende scheint
sie sich in einer Storming- Phase zu befinden.
Die themenzentrierte
Einzelfallbearbeitung scheint dazu beizutragen. Jedoch kann eine große Konstanz
in der Beteiligung an den Treffen, obwohl diese über einen relativ langen
Zeitraum einmal wöchentlich verlaufen , festgestellt werden, Ebenso hat sich
Solidarität zwischen den Mitgliedern herausgebildet und ein Interessen
aneinander. Das Mischverhältnis in der Alterstruktur machte es möglich, viel
voneinander zu lernen. Die Nachhaltigkeit des Lernens wurde durch die
Visualisierung der einzelnen Analysen an Flipcharts erzeugt.
Ein Teilnehmer konnte in eine
Privatinsolvenz vermittelt werden, mehrere Teilnehmer konnten ihre Schulden
insgesamt senken. Akut die Existenz
bedrohende Situationen konnten abgewendet werden.
Im
Nachbereitungstreffen, das am 09.11.05 stattfand gaben, alle Teilnehmer an,
dass für sie am wichtigsten war:
-
selbständig Sachen erledigen zu können
-
gelernt zu haben, wie man mit Schulden umgeht und mit ihnen leben kann
-
Brieftechnik erworben zu haben, Anschreiben gelernt zu haben
-
Strategien erworben zu haben, wie man Schulden abbaut
-
Ihr Wissen erweitert zu haben
-
Selbstbewusstsein aus der Tatsache gezogen zu haben, Pläne selbst
entwickelt und umgesetzt zu haben
-
Gelernt zu haben, wie man einen Hefter für Schulden anlegt
-
Wie man Probleme erkennt, sortiert und bearbeitet
-
Schulden jetzt auch ertragbar zu finden
-
Kleinere Schulden nicht wachsen zu lassen
-
Unterlagen jetzt zusammen zu halten
-
Briefe immer zu öffnen
Verhaltensweisen
wurden reflektiert und durch die Teilnehmer durchdacht, die sie immer wieder in
die Schuldenfalle gelockt hatten. Im Umgang mit Vertragspartnern sind sie
sicherer geworden, kennen ihre Recht besser.
Wie
im Konzept beschrieben, wurden Fachleute als Gäste eingeladen, die den Prozess
an 3 Gruppenabenden begleiteten. Diese wurden als besonders hilfreich
empfunden. Gäste waren:
1. Gast: Herr Rosellen, Schuldnerberater und
Insolvenzberater
2. Teamleiterin
im Job-Center Reinickendorf Frau Hill
Hr. Rosellen griff in seinen
Ausführungen die Aussage, Schulden seien die Hölle gleich auf. Er wies darauf
hin, dass es nicht so sein müsse und welch große Bedeutung der guten Verwaltung
der Schulden zukomme. Seinen gründlichen Ausführungen zum Aufbau der
Gläubigerübersicht wurde nicht konzentriert gelauscht, sie wurden durch die
Teilnehmer auch jetzt noch als sehr wichtig und informativ eingestuft.
Die Informationen durch Frau
Hill reichten von Einstiegsgeld bis Arbeitslosigkeit, Informationen zu
Sozialticket, GEZ- Befreiung, Möglichkeiten über Einzelfallberatung,
Informationen zu Fallmanager über welche Leistung erhalte ich wo?, bis zur
Vorstellung einer wirklich hilfreichen Broschüre über Hartz
IV. Frau Hill unterstrich immer wieder die Bedeutung des Auftretens des
Einzelnen im Kontakt mit Mitarbeitern des Job-Center, denn nur wenn die
Kollegen wirklich Bescheid wissen können sie auch adäquat reagieren.
Für den weiteren Erfolg bei
der Entschuldung und die gute Umsetzung aller erlernten Strategien wünscht das
Gruppenleitungsteam des Sozialen Trainingskurses „Schuldenfrei 2005“ allen
Teilnehmern alles Gute. Noch weitere Kurse dieser Art wird hoffentlich noch
vielen Jugendlichen und jungen Heranwachsenden eine Hilfe sein können, bei der
Bewältigung immer schwieriger werdender Lebensaufgaben.