Erfahrungsbericht über ein erlebnispädagogisches Gruppenseminar „City-Country-bound“ mit Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfern anläßlich des 16. Gesprächsforums Gruppenarbeit in Höchst i. Odenwald vom 08.09. - 11.09.97
von:
Hans-Joachim Wendt
Bewährungshelfer bei der
Senatsverwaltung für Schule,
Jugend und Sport, Berlin
Berlin im Oktober 1997
Entsprechend dem zuvor erarbeiteten und veröffentlichten Konzept „Großstadtdschungel goes Country-bound“, für ein erlebnispädagogisches Erforschungsspiel nach dem City-Bound-Gedanken, wurde anläßlich des 16. Gesprächsforums Gruppenarbeit in der Bewährungshilfe im Plenum der versammelten 25 Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer angeboten, das Experiment mit einer Untergruppe erlebnis- und erfahrungsnah im sich bietenden örtlichen und sozialen Zusammenhang gemeinsam zu erproben.
Für die Gruppe interessierten sich insgesamt vier Kolleginnen, sowie zwei Kollegen:
1. Renate aus Oldenburg
2. Renate aus Stenberg (Bodensee)
3. Manuela aus Lauterbach
4. Sabine aus Oldenburg
5. Stefan aus Lindau
6. Thomas aus Oldenburg
Die Teamer waren:
Götz und Achim aus Berlin
Wir begannen die Arbeit in unserer Untergruppe in interessierter und sehr positiver Arbeitsatmosphäre, die bis zum Ende des gemeinsamen Treffens anhielt, mit einer Vorstellungsrunde entsprechend dem „Alter-Ego“-Partnerinterviewkonzept. (Das andere Ich!) Die Vorstellung verlief persönlich zentriert, introspektiv und problembezogen mit großer Ernsthaftigkeit, gefolgt von einer spontanen, nicht verbalen Wahl des festen Arbeitspartners für den Seminarzeitraum.
Die „Teamer“ erläuterten nachfolgend das Konzept ausführlich und baten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer um Zusammenstellung der von ihnen zu lösenden Aufgaben entsprechend dem Aufgabenkatalog wie folgt:
Aufgabenkatalog:
Wie vorgesehen, erfolgte die methodisch besonders wichtige Phase der Aufgabenverhandlung und Disputation vor der Gesamtgruppe. Es wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern deutlich, welche Wichtigkeit diesem Teilaspekt insbesondere hinsichtlich der Selbstreflexion und Verteidigung der eigenen Aufgabenstellung zukommt.
Es ergaben sich nachfolgende Aufgabenkombinationen für die drei Paargruppen:
(Aus Persönlichkeitsschutzgründen werden nachfolgend lediglich die Phantasienamen der Paare ohne Zuordnung der Personen benannt)
3. 1. Teamer: Als Sozius bei Thomas auf dem Motorrad mitfahren.
um alte Ängste zu überwinden
5. Gemeinsam: Einleitungen aus naheliegenden Sägewerken
überprüfen.
Mit viel Eifer und zunehmender Freude und Begeisterung begaben sich die Untergruppen an die Lösung ihrer Aufgaben. Begleitend wurde jeweils abends eine Zwischenfeedbackrunde veranstaltet, um die Befindlichkeit bei der Lösung der Aufgaben erfassen zu können. Auf einer großen Papierfahne dokumentierten die Gruppenteilnehmerinnen und Teilnehmer anhand von Polaroidphotos, schnellentwickelter Fotos und sonstigen Dokumenten, wie Katalogen, Eintrittskarten, etc ihre Aufgabenerfolge.
„Die Zwei“
berichteten über ihre Erfahrungen, daß die Aufgabenstellung
zunächst schwieriger erschien, als die nachfolgende Realitätsprüfung.
Sie waren erstaunt, zu erleben, wie freundlich und selbstverständlich
sie beispielsweise im Friseurgeschäft aufgenommen und unterstützt
wurden. Die Kundin habe sich ebenfalls bereitwillig ihren Künsten
anvertraut. Gern hätte sich das Geschäft ihrer weiteren Dienste
versichert und auch die Hilfe bei kleineren Aufgaben, wie z.B. Briefmarkenholen,
in Anspruch genommen. (Hinterher ahnte man auch, warum: das Postamt war
sehr voll!) Die Kunden der Tankstelle waren über die ungewohnte Dienstleistung
sehr erfreut, abgesehen von einer mißtrauischen Ausnahme war auch
hier durchweg Begeisterung und Unterstützung, beispielsweise half
ein Kunde bei der Aufgabendokumentation mit der eigenen Polaroidkamera,
zu verzeichnen. Mit besonderer Spannung und neugieriger Unterstützung
der Gesamtgruppe begaben sich „unsere Zwei“ in die Peepshow, nicht ohne
von den Gruppenleitern zuvor mit der „Homeward-bound-Hotline“ Telefonnummer
für den Notfall gerüstet worden zu sein. Nachdem die entsprechende
Örtlichkeit zuvor zunächst von aussen erkundet worden war, stellte
man erstaunt fest, daß die Zivildienstleistenden, die in der Fortbildungsstätte
zur Schulung untergebracht waren, ebenfalls nicht weit vom Ort der Erkundung
waren und unsere erlebnisfreudigen Damen gern begleiteten. Die Lösung
dieser selbst gewählten Aufgabe wäre vielleicht ganz allein schwieriger
gewesen! Allerdings stand den hohen Erwartungen doch eher Enttäuschung
bezüglich dieser eher als schmuddelig erlebten quick-Selbstbefriedigungserotik
gegenüber. Aber auch das gehört zum Element der Realitätsprüfung
durch erlebnispädagogische Erfahrung. Auch bei der Besichtigung der
Burg in einem nahegelegenen Ort war es nach Erklärung der besonderen
erlebnispädagogischen Aufgabe möglich, sonst für den Besucherverkehr
gesperrte Bereiche, wie z.B. Gänge und nicht genutzte Verliese zu
sehen. Also, rundum eine gelungene Erfahrung mit vielen neuenn und bereichernden
Elementen. Entsprechend bewerteten die beiden Teilnehmerinnen dann auch
im Abschlußfeedback ihre Erfahrungen und Erlebnisse in unserer gemeinsamen
Arbeit:
- einmal eine „ganz andere Erfahrung“ in der Gruppenarbeit
- als ausgesprochen positive Erfahrung die Herausforderung der Aufgabenstellung
erlebt
- Spaß bei der Aufgabenlösung
Weiter wurde das Setting der spontanen, nichtverbalen und verbindlichen
Partnerwahl als ebenso positiv erlebt, wie das offene und vertrauensvolle
Klima in der Gruppe. Beide Teilnehmerinnen können sich vorstellen,
diese Form der Gruppenarbeit auch mit ihren Probanden zu erproben. Als
störend ist, wie auch von anderen Gruppenteilnehmern, der durch die
Kürze der Tagung bedingte „Zeitstreß“ bei der Aufgabenlösung
erlebt worden und der damit verbundene Mangel an Freizeit. (In der Tat
haben auch wir „Teamer“ bewundernd festgestellt und vermerkt, mit welcher
Selbstverständlichkeit weite Teile der „freien Zeit“ für Aufgabenlösung
und Dokumentation verwandt wurden) Gleichzeitig habe man sich mehr Vorgaben
und Lösungshilfen durch die „Teamer“ erwartet. (Was von uns aber bewußt
vermieden wurde!)
Unsere „Hexenhighligts“
haben zunächst große Mühe bei der Disputation ihrer
ersten Aufgabe, sich zu einer freien Diskussion in die Schulungsgruppe
der bereits erwähnten, ebenfalls in der Bildungsstätte untergebrachten,
Zivildienstleistenden zu begeben und dort „ihre Frau“ zu stehen. Der methodisch
äußerst wichtige Aufgaben-Verhandlungsteil innerhalb der Gruppe
führte für beide jedoch zu zunehmender Selbstsicherheit und der
Erkenntnis der individuellen Wichtigkeit, gerade diese Aufgabe auch so
zu lösen. Das Plenum konnte nach erfolgreicher unterstützter
Verteidigung der Aufgabe deren individuelle Relevanz akzeptieren. Die Rückmeldung
der Gruppe, sich bei der Lösung der Aufgabe von „zu Hause“ (also hier
der Bildungsstätte) zu lösen, wurde in die zweite Aufgabenstellung
umgesetzt, nämlich nicht hier, sondern im Ort bei einer fremden Familie
im Ort darum zu bitten, für 10 Minuten den Rasen mähen zu dürfen.
Die zunächst sehr erstaunten „Beglückten“ waren dann auch dankbar
für die unerwartete, spontane Hilfe bei der Gartenarbeit. Die individuelle
Aufgabe führte an die Grenze der eigenen „kriminellen Anteile“ bei
Bewährungshelfern, ein Aspekt der wohl sicherlich mehr bewußte
Beachtung verdient. Beide hatten es sich zur Aufgabe gemacht, aus einem
fremden Garten Äpfel und Pflaumen unbemerkt zu pflücken und für
die Gruppe mitzubringen. Obgleich die Aufgabendokumentation (wegen eines
alten Polaroidfilms: merke: immer frische Filme verwenden!!) versagte,
schmeckte allen Teilnehmern das entwendete Obst um so besser! (Bei der
Arbeit mit Probanden sollte man eine derartige Aufgabenwahl vielleicht
doch besser vermeiden!) Von dieser überwindungsreichen Aufgabe war
eine Erholung bei einem Stadtbummel in Michelstadt angesagt, das eigentlich
versprochene „Mitbringsel“ war durch Obst und anschließenden ökologischen
Apfelwein erfüllt. Welche Bedeutung es haben kann, spontan neue soziale
Kontakte zu knüpfen, zeigt die Lösung der ökologischen Aufgabe.
Hier entdeckten unsere „Hexenhighlights“ einen von einer sozialpädagogischen
Großfamilie geführten Apfelhof, der es sich nicht nur zur Aufgabe
gemacht hatte, am Ort traditionellen Apfelwein aus vollständig ungespritztem
Obst herzustellen, sondern bei dem die Betreuung von Kindern in natürlicher
Umgebung, mit Pferden und anderen Tieren ebenso wichtig war, wie das Landleben
auf einem Hof unter Einschluß aller lebenden Generationen von den
Großeltern bis zu den Enkelkindern in der Lebensform der Großfamilie.
Diese Erfahrung intakten Familienlebens beeindruckte besonders und ließ
den mitgebrachten Wein genauso gut bekommen, wie das seltene Erlebnis.
Feedback daher auch recht positiv:
- Thema der Gruppenarbeit und Erfahrung als reizvolle Herausforderung
- starke Anforderung durch die Aufgabenverteidigung
- Erreichen eigener körperlicher und psychischer Grenzbereiche
- positive Überprüfung eigener Verhaltensmuster
- vertrautes Zusammenarbeiten mit der jeweils gewählten Partnerin
und der Gesamtgruppe
Einziger Beanstandungspunkt auch hier die Kürze der zur Verfügung
stehenden Zeit. Die von diesen Teilnehmerinnen vorgeschlagene Aufgabenverkürzung
erscheint den „Teamern“ in Hinblick auf die Komplexität des Gesamtkonzeptes
kaum realisierbar, zumal bereits hinsichtlich der Anforderungsaufgabe an
die Arbeitsgruppe gestrichen und bei der Anforderung an das Gesamtplemun
erhebliche Abstriche gemacht wurden.
Ebenso fleißig waren die Männer bei der
Arbeit „Men at work“:
Die „Kontrastaufgabe“ wurde jeweils individuell unter begleitender
Beobachtung des Partners gelöst. Ein Teilnehmer hatte es sich zur
Aufgabe gemacht, in der Fußgängerzone des kleinen Ortes als
Bettler aufzutreten. Sichtlich berührt von dieser ungewohnten Rolle
berichtete er über seine Erfahrungen von mißtrauischer Beobachtung
bis hin zu mitleidigen Ratschlägen von Passanten. Obgleich er ca.
eine halbe Stunde kauernd ausharrte, erhielt er nur die Spende einer unserer
Gruppenteilnehmerinnen. Der Partner stellte sich in der Bildungseinrichtung
als Küchenhilfe zur Verfügung. Anfängliche Begeisterung
der Küchenfrauen über die ungewohnte Hilfe wich zunehmender Degradierung
bei den zugewiesenen Aufgaben. Die dahinter steckende Botschaft war nicht
recht klar auszumachen. Beide kehrten verschwitzt und glücklich von
der Lösung der Zeitdruckaufgabe zurück: innerhalb von 15 Minuten
war der steile Weg zum und vom Schorschberg (dicht am Ort) gemeinsam bewältigt
und das Zielfoto für die Wandfahne erstellt. Die Ernsthaftigkeit der
gestellten Aufgaben wird auch bei der Lösung der individuellen Aufgabe
unserer „Männer“ deutlich: der spontan gefaßte Vorsatz, hier
und jetzt das Rauchen aufzugeben, wird dadurch dokumentiert, daß
die letzte gefüllte Zigarettenschachtel ihre ewige Ruhe auf der Wandfahne
mit der Gesamtaufgabendokumentation findet. Der Vorsatz wird für alle
beobachtbar für die Zeit der Tagung durchgehalten und bewundert. Eine
Überprüfung findet in Berlin statt. (Ich rufe den Teilnehmer
am 24.10.97 an und erfahre, daß er noch immer „rauchfrei“ ist. -
herzlichen Glückwunsch - es ist doch zu schaffen!!) Weniger Glück
hat der Partner, der sich überwindet, eine fremde Dame auf der Straße
anzusprechen - es stellt sich heraus, daß diese als weiblicher „Diskjockey“
äußerst geübt und professionell mit der Situation umgehen
kann. Keine Chance für unseren Teilnehmer - aber, er nimmt es leicht:
der Versuch hat sich gelohnt! Gemeinsam gehen beide, obgleich keine geeigneten
Schuhe mitgebracht waren, anschließend zum Squash-Spiel und arbeiten
sich bei sportlicher Betätigung aus. Bei der Lösung ihrer ökologischen
Aufgabe gehen die Teilnehmer der erheblichen Belastung des Ortes mit Schwerlast-Durchgangsverkehr
nach und erfahren, daß hier Abhilfe in Form einer Ortsumgehungsstraße
geplant ist.
Auch hier überwiegen positive Rückmeldungen, wie:
- gutes Verstehen mit dem spontan gewählten Partner
- Wichtigkeit von Grenzerfahrungen
- wichtig, sich „zu trauen“
- Bedeutung der Aufgabe des Rauchens
den Aspekten, daß
- die Gruppe hätte größer sein können
- man sich „zu gut“ verstanden habe und daher manchmal etwas „Power“ gefehlt
habe
- und dem bereits bekannten Zeitdruckargument
Die „Teamer“
beteiligen sich mit einer Teilaufgabe „außer Konkurrenz“
an dem Wettstreit. Ein Teamer überwindet seine uralten Ängste
und begibt sich für eine ausgedehnte Fahrt als Sozius in entsprechend
zünftiger Kluft auf das Motorrad eines Gruppenteilnehmers. Nach anfänglicher
Strecke mit gemäßigtem Tempo auf übersichtlicher Bundesstraße
erfolgt die Fahrt über eine recht kurvenreiche Piste mit erheblicher
(angesagter!) Beschleunigung. Die beabsichtigte Grenzerfahrung tritt denn
auch ein. „Motorradfahren wird zwar nicht mein Hobby werden, ich könnte
mir aber vorstellen, künftig angstfreier mitzufahren“, lautet die
Schlußfolgerung. Gemeinsam fahren beide „Teamer“ den kleinen Bachlauf
ab, der die Ortschaften der Umgebung verbindet. Sicherlich nicht zufällig
liegen am Bach zwei große (Deutschlandweit bekannte) Markenreifenhersteller.
Zwar sind die zahlreichen Einleitungsrohre in den Bach derzeit trocken,
aber die Lage ist sicherlich nicht ohne Grund gewählt. Im Rathaus
erhalten wir eine Kopie des letzten Meßprotokolls, welches oberhalb
der Werke durchweg Messungen unter den gesetzlichen Grenzwerten erfaßt.
Im Gespräch erfahren wir aber auch, daß man gehalten sei, den
Werksleitungen jeweils dann Mitteilung zu machen, wenn besonders niedrige
oder besonders hohe Pegelstände zu erwarten sind. Hier mag jeder selbst
schlußfolgern. Abgesehen von dem bekannten Zeitdruck haben auch wir
„Teamer“ die gemeinsame Arbeit der Gruppe als engagiert und voll von positivem
Einsatz erlebt. Wir wünschen uns, daß dieser Arbeitsansatz auch
in der Praxis mit Probanden erprobt wird. Die Streichung der Anforderungsaufgabe
an die Gruppe ist uns sehr schwer gefallen, denn wir waren auf die vorbereiteten
Aufgaben, die nun nicht verraten wurden, sehr gespannt.
In der anschließenden Präsentation unserer fast fünf Meter langen Wandfahne als Dokumentation brauchten wir das Plenum nicht erst um Aufmerksamkeit zu bitten. Neugierige und interessierte Nachfragen begleiteten den Vortrag der Arbeitspaare.
Vielleicht hat mancher Teilnehmer bedauert, sich nicht für dieses spannende erlebnispädagogische Experiment gemeldet zu haben.....
.... aber, es gibt ja vielleicht ein nächstes Mal!
Sozialpädagogische Auswertung und Schlußfolgerung:
Nach der Vorstellung des Projektes und einer ersten, mehr theoretischen Einführung in die „City-Bound“ Methode war die Stimmung der Gruppenteilnehmer zunächst abwartend, skeptisch. Es wurde durch Fragen nach Sinn und Hintergrund versucht, eigene Unsicherheiten zu umgehen. Die weitere Vordergrundfrage, die gestellt wurde, setzte sich mit der Möglichkeit auseinander, dieses Konzept in eine praktische Gruppenarbeit mit Probanden zu übernehmen. Hier äußerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anfänglich große Skepsis, waren aber gleichwohl bereit, sich selbst auf diesen ungewöhnlichen erlebnispädagogischen Ansatz einzulassen. Dies wurde von uns als Teamer bekräftigt und versucht, „verkopfte“ Nachfragen in die Möglichkeit des Sich-Einlassens umzuwandeln.
Auf der positiven Grundstimmung der Gesamtfortbildung „Gesprächsforum Gruppenarbeit“ aufbauend, wich die anfängliche Skepsis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusehends. Die ersten positiven Erfahrungen machte die Gruppe bei der nichtverbalen Partnerwahl: alle stellten in der anschließenden Feedbackrunde erstaunt fest, daß der jeweilige Arbeitspartner auch „ohne viele Worte“ quasi „aus dem Bauch heraus“ gewählt worden war. Diese Auswahl erwies sich die gesamte Seminarzeit über als stabil und tragfähig; die Grundlage für eine erfolgreiche Aufgabenbewältigung war gelegt.
Mit großer Ernsthaftigkeit wurden anschließend die Aufgaben gemeinsam erarbeitet und in der Gesamtgruppe verteidigt. Insbesondere in dieser Arbeitsphase wurde offensichtlich deutlich, daß es bei der Aufgabenbewältigung sehr wohl nicht nur darum ging, sich spielerisch/überfliegend zu verhalten, sondern daß der gesamte persönliche Einsatz bis an die eigenen emotionalen Grenzen gefragt war. Es bedeutet sicher eine große innere Überwindung, vor eine fremde Gruppe von Zivildienstleistenden zu treten und diese in ein Gespräch über soziale Kompetenz zu verwickeln, sich als Bettler in eine Fußgängerzone in einem fremden Ort zu begeben oder nachts allein in einer fremden Stadt als Frau eine Peepshow zu besuchen
In der Auswertung und bei der Herstellung der Dokumentation wurde herausgearbeitet, wie wichtig es ist, eigene Hemmungen zu überwinden und den sozialen Kontakt auch in ungewohnter, fremder Umgebung zu suchen. Dies wird meist mit positiven Rückmeldungen belohnt, wie beispielsweise auf dem Ökohof, dem Friseurgeschäft oder an der Tankstelle. Die hier gewonnenen Erfahrungen sind, und dies glauben wir als Teamer, herausgearbeitet zu haben, sind sehr wohl auf die Alltagssituation unserer Probandinnen und Probanden übertragbar, die sich oft in ihrem sozialen Umfeld fremd und feindselig fühlen. Der durch diese Arbeitsform unter Anleitung in der Probandenarbeit mögliche methodische Ansatz ermöglicht gezielt und überwacht den Aufbau neuer Sozialkompetenz gemeinsam mit der Hilfe des gewählten Partners. Auch schwierige Aufgaben, die in der anfänglich unverzichtbar wichtigen Aufgabendisputaion zu prüfen sind, können so bewältigt werden und führen zu Selbstvertrauen und der Möglichkeit, Handlungsalternativen im geschützten sozialen Raum auszuprobieren.
Ich meine durch diese Fortbildungsveranstaltung bestärkt, daß die vorgestellte Methode „City-Bound“ Eingang in unsere praktische Gruppenarbeit finden sollte und das hier unkonventionelle, neue Wege zu mehr Sozialkompetenz für unsere Probanden führen können.
Für den Inhalt:
Hans-Joachim Wendt